Die SIBAM-Elemente

Durch die hilfreiche „Brille“ des Somatic Experiencing können wir den Menschen in seinen 5 Erfahrungs- bzw. Erlebniskanälen betrachten. Als Therapeut kann dies eine gute Orientierung bieten um zu sehen in welchen Kanälen der Klient sich am ehesten aufhält, befindet und welche er gar nicht benutzt oder ob er in einem Kanal feststeckt. In unserer Erfahrungsdimension als Mensch ist es wohl gut in allen 5 Kanälen gleichermaßen ausgeglichen sein zu können. Traumatisierten (Verletzten, chronisch gestressten) Menschen ist es nicht möglich in allen Kanälen zu sein, meist gibt es einen Mangel in einem Kanal oder mehreren, was ein Hinweis auf eine Dysbalance sein kann. Wo mangelt es? Das mag eine wichtige Information für den Therapeuten sein, doch gilt es eher den Fokus auf die stärkenden und guten gesunden Aspekte zu richten.

SIBAM – Die 5 Erfahrungskanäle:

S – Sensation (Empfindung): Hierbei geht es um körperliches Empfinden. Es ist das Gespür von dem, was sich in unserem inneren Raum abspielt. Was ist innerhalb unserer Hautgrenze? Hierbei geht es um Empfindungen wie: Eng, weit, kontrahiert, wohlig, schmerzhaft, zugeschnürt, kribbelnd, angenehm etc. Das Hauptwerkzeug in diesem Kanal sein zu können ist der so genannte felt sense. Dies ist das „ganzheitliche innere Empfinden“ und ist ein wichtiges Werkzeug, um mit körperlichen Traumata und Regeneration umzugehen. Der Körper ist Instrument, das auf Input (inneren und äußeren) reagiert und uns über Lage und Befinden informiert.

I – Image (Bild): Das sind unsere inneren Bilder oder Inspirationen, aber auch auditive Informationen; die Sinne per se sind hier gemeint.

B – Behaviour (Verhalten): Das Verhalten inkludiert die Erscheinung und das Auftreten des Menschen; wie sind seine Bewegungen, wie spricht er, wie kommuniziert er? Ist er schnell, hastig, langsam, gemächlich, angespannt, unter Druck, auf der Hut etc.? Kann der Klient in ein entspanntes, waches, natürliches Verhalten kommen?

A – Affect (Emotionen): Hierbei handelt es sich um unsere Emotionen und Gefühle wie Angst, Verzweiflung, Ekel, Freude, Liebe, Hass, Gier, Neid, Motivation. Kann der Klient seine Affekte leben und/oder darüber sprechen oder sind sie blockiert/gehalten? Sind es destruktive Gefühle, so muss darauf geachtet werden, dass man nicht versucht diese Emotionen einfach wegzuschieben oder sich selbst zu veurteilen weil man eben so fühlt. In unserer Arbeit mit Traumata werden Zugänge zu den Gefühlen geschaffen, die uns gesund halten; da zählen auch z.B. Aggressionen dazu; diese können verlangsamt und sehr achtsam entladen und erlebt werden, sodass sie zu einer positiver, schützenden Kraft transformiert werden.

M – Meaning (Sinnhaftigkeit): Die Bedeutung, der Sinn. Gibt es eine Lehre aus den Ganzen Erfahrungen zu ziehen? Um ein glückliches Leben zu führen trachten wir danach einen Sinn aus unserem Leben zu machen. Das kann sich natürlich sehr individuell gestalten. Es ist uns ein tiefes Bedürfnis einen Sinn zu erleben und eine kohärente Geschichte aus unseren Erfahrungen zu weben, welche wir auch anderen Menschen mitteilen könnnen. Können wir auch schwierige traumatische Erfahrungen als sinnvoll in unser Leben integrieren, dann erleben wir einen Wachstumsprozess (siehe posttraumatisches Wachstum) und Weisheit und nicht zuletzt ein Eingebundensein im Austausch mit anderen.

Letztendlich müden die 5 Kanäle in eine einzige Erfahrungsqualität als Mensch.

Ein vereinfachtes Anschauungsbeispiel anhand einer Ressource, einem Krafttier:

Nehmen wir an, eine Klientin, die mehrere Grenzüberschreitungen erlebt hat, kommt mit Hilfe des Therapeuten in einer Sitzung an einen Punkt, an dem sie eine Kraftressource in sich entdeckt. Sagen wir es handelt sich um einen wilden, ihr helfenden Tiger, den sie vielleicht im Zoo, im Fernsehen, auf einem Foto, in einer Vision oder in einem positiven Traum gesehen hat. Um eine Ressource wie z.B. ein Krafttier auszubreiten können, ermuntern wir den Klienten die Kanäle des SIBAM durchzugehen, um zu sehen wie gut die Ressource in möglichst allen Kanälen greift. Das ist auch eine Übungssache und braucht normalerweise Zeit. Nehmen wir mal an, diese Klientin hat einen reifen Zeitpunkt in ihrem Leben erreicht und erfährt mit ihrer Ressource einen Durchbruch richtung Befreiung von Altlasten. Schließlich geht es darum ohne Therapeut außerhalb der Therapiesession zurechtzukommen (!), und eine Kraft/Kompetenz zu inkorporieren, aufrecht erhalten zu können und den Körper damit (neu, frisch und gesund) zu beleben.

Der Tiger wäre als Bild erst mal im I-Kanal zu finden. Das Verhalten (B-Kanal) der Klientin könnte sich durch die Kraft des Tigers von einer schwächlichen Opferhaltung hin zu einer selbstermächtigten vitalen Erscheinung wandeln: Durchsetzungskraft, Wehrhaftigkeit werden gelernt. Die Bewegungen und der Sprachausdruck erfahren eine neue Qualität. Ihre Emotionen (A-Kanal) könnten Mut und Lebenslust generieren. Gehen wir davon aus, dass sie einen wirklich guten Draht bekommt, wobei man hier wie mit einem Strohhalm von einer neuen Kraftquelle nuckeln, sich ressourcieren und nähren kann. Sinngebend (M-Kanal) wäre der gelebte Tiger als Krafttier als Ausbruch aus einem alten Muster, als Helfer aus dem Dunklen, der mit seiner feurigen Art ihre Lebensthemen erhellt und Saft und Energie liefert. Die Klientin kann nun wieder nach vorne Blicken und steckt nicht mehr in ihrer alten Lähmung fest. Das Leben ist wieder ein Abenteuer, das erkundet und aktiv gespielt wird. Ihre persönliche Körperempfindung (S-Kanal) würde ihr womöglich eine ganz neue Vitalität vermitteln, wie ein prinkelnder Strom, der durch ihre Glieder fährt und sie energetisiert. Sie ist voll Leben wie nie zu vor.

Anmerkung: Krafttiere mögen nicht der Weisheits letzte Schluss sein, aber sie können Menschen, die sich im freeze (Lähmung, Apathie, Dissoziation etc.) befinden, Kraft und Vitalität vermitteln. Vorallem wenn es sich um körperliche Übergriffe gehandelt hat (um nun Grenzen definieren zu können) oder Situationen, in denen körperliche Aktivität und Vitalität gefragt ist. Und wer Kraft hat, muss schon mal weniger Angst haben.

Ich freue mich mit Ihnen gemeinsam Ihre Ressourcen ausfindig zu machen!